Ich könnte die Aussage vom letzten Monat wiederholen, die Börse ist herausfordernd wie noch nie. Die „Kurse“ werden sowohl von fast explodierenden Verbraucherpreisen (einhergehend mit stark steigenden Zinsen) als auch von immer größer werdenden Rezessionsängsten in die Zange genommen. Besonders die vergangenen zwei Wochen hatten es in sich. So verlor der S&P 500 Index (USA) in dieser Zeit 10,5 %. Auslöser für diese unerfreuliche Entwicklung waren die hohe Inflation von 8,6 % und die damit verbundene Anhebung der Leitzinsen in den USA um 0,75 % Punkte und die Ankündigung, dass bei der nächsten FED-Sitzung eine Anhebung um weitere 0,75 % Punkte möglich ist. Diese Maßnahmen sollen die Wirtschaft abbremsen. Selbst eine Rezession nimmt die US-Notenbank billigend in Kauf, um die Inflation wieder einzudämmen.

Die EZB läuft hier der Entwicklung deutlich hinterher, eine nur halbherzige Bekämpfung der Inflation könnte sich aber langfristig rächen. Solch ein Verhalten führte in den 70er- Jahren zu einer länger anhaltenden Rezession. Das entschiedene Vorgehen in den USA erklärt auch, warum die US-Börsen bisher deutlich mehr verloren haben als ihre europäischen Counterparts.

Dafür könnten der Heilungsprozess schneller vonstattengehen und die US-Indizes sich beschleunigter von den Tiefständen erholen. Eine nachhaltige Erholung ist aber nur dann möglich, wenn die Verbraucherpreise nicht weiter steigen. Dies könnte im Herbst der Fall sein, wenn die Basiseffekte zu greifen anfangen. Auch eine nur sanfte Landung (leichte Rezession) der Wirtschaft würde sich positiv auf die Börsenkurse auswirken.

Den aktuellen Verkaufsdruck auszuhalten, dazu bedarf es sehr starker Nerven. Darin liegt aber der Schlüssel für einen langfristigen Erfolg in der Kapitalanlage. Nicht die Nerven verlieren, wenn die Börse in die Knie geht.

So betrug die Performance in den USA von 1930 bis 2020 für denjenigen, der die jeweils 10 besten Börsentage eines Jahres verpasst hat, gerade einmal insgesamt 28 %. Wer dagegen permanent investiert war, erzielte im gleichen Zeitraum einen Kursgewinn (ohne Dividende) von 17.715 %. Wahrlich ein großer Unterschied. Ich habe auf dem aktuellen Niveau mein persönliches Investment im Fonds aufgestockt, weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir in zwei, drei Jahren deutlich höhere Preise sehen werden.

„Sei ängstlich, wenn andere gierig sind, und gierig, wenn andere ängstlich sind“

Warren Buffett
Investment Case im Fokus

Alibaba – China

Dieser Konzern ist das chinesische Gegenstück zu Amazon in den USA. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1999 von Jack Ma und weiteren 18 Personen. Heute hat Alibaba weltweit mehr als 1,3 Mrd. Kunden! Im chinesischen Heimatmarkt allein sind es 1 Mrd. Alibaba erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz von ca. $ 133 Mrd. wovon 77 % auf den E-Commerce Bereich entfielen. Knapp 9 % macht das Cloudgeschäft aus, das zuletzt positiv überraschen konnte, weil dieser Unternehmensbereich die Gewinnschwelle erreicht hat. Alibaba ist der führende Cloud-Anbieter in China und die Nr. 4 weltweit. Hier könnten in Zukunft die höchsten Wachstumsraten erzielt werden.

Die Bilanz ist schuldenfrei, das Unternehmen hat etwa $ 84 Mrd. mehr Kasse als Schulden und die Eigenkapitalquote liegt bei 64 %. Die Nettomarge (Reingewinn im Vergleich zum Umsatz) betrug zuletzt 15,8 %. Alibaba konnte seine Verkaufserlöse in den letzten 10 Jahren um 45% p.a. steigern, in den vergangenen 3 Jahren lag die jährliche Steigerungsrate bei 31 %. Trotz dieser guten Zahlen ist die Aktie von Alibaba von ihrem Höchststand bei $ 317 im Oktober 2020 auf $ 77 im März 2022 gefallen. Aktuell notiert sie bei $ 118. Für diese Entwicklung gab es mehrere Gründe. Da wären u.a. das angespannte Verhältnis des Gründers zur kommunistischen Partei, die Regulierungswut der chinesischen Führung, die sich in 2021 besonders gegen die Internetunternehmen richtete, Gerüchte um ein Delisting in den USA und zuletzt auch zunehmende Konjunktursorgen gepaart mit einem strengen Lockdown in China. Gute Gründe für einen Abverkauf der Alibaba-Aktie.

Wir halten jedoch die aktuelle Bewertung des Unternehmens für viel zu niedrig. Die Gesellschaft wird mit einem KGV von 17 bewertet und verfügt über liquide Mittel in Höhe von $ 107 Mrd. bei einer Börsenbewertung von $ 321 Mrd. Der Free-Cashflow könnte für dieses und nächstes Jahr um insgesamt $ 35 Mrd. zunehmen. Das Umsatzwachstum sollte trotz der erreichten Größe in den kommenden Jahren bei 12 % p.a. liegen.

Es scheint, dass die chinesische Regierung eingesehen hat, dass bei der Regulierung das Rad ein wenig überdreht wurde. Denn die Folgen sind sichtbar. Die Internetunternehmen bauen Arbeitsplätze ab, Studienabgänger finden keine Anstellung mehr. Die ausländischen Investoren, die sich letztes Jahr noch im großen Stil sich von chin. Unternehmen getrennt haben, kommen daher bereits zurück. Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten sinken die Zinsen in China, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Technisch sieht der Markt für Festlands-Aktien in Hongkong sehr gut aus, nachdem der Index in den zurückliegenden fünf Jahren 3,4 % verloren hat. In der Vergangenheit war dies oft ein „idealer“ Einstiegszeitpunkt.

Aktuelles Thema

Wie weit kann der Markt noch fallen – oder gibt es keine Hoffnung mehr auf steigende Kurse?

Derzeit sind Optimisten rar an den Börsen. Zwar sind viele Investoren langfristig zuversichtlich für Aktien, aber für die kommenden Monate überwiegt die Vorsicht. Vor dem Hintergrund der in meiner Einleitung beschriebenen Situation ist dies auch nicht verwunderlich. Der Schlüssel zum Erfolg liegt nun einmal bei den Notenbanken. Je höher der Zins in die Höhe geschraubt wird, desto schwieriger wird es für die Aktien. Derzeit geht der Markt in den USA von einem Zinsanstieg am kurzen Ende auf 3,5 % in den nächsten 12 Monaten aus. Eine Erhöhung von 1,75 % Punkten. Im Euroraum wird ein Zinsniveau von 2,0 % nach aktuell – 0,5 % erwartet. Also nichts Gutes für die Märkte, sollte man annehmen. Denn mit jedem steigenden Zins reduziert sich der ‚faire Wert‘ von Unternehmen, der nach dem Ertragswertverfahren errechnet wird (ein höherer Diskontfaktor führt zu einem niedrigeren Barwert).

Dennoch sehe ich auch ein Licht am Ende des Tunnels: Der Markt scheint viel Negatives in die aktuellen Kurse eingepreist zu haben. So ist der implizite Zinsanstieg auf 3,5 % (USA) oder 2,0 % (Euroraum) für die Börse keine Überraschung, sondern erwartete Annahme. Mut macht auch das Verhalten von Kleinanlegern in den USA. Diese bezahlen derzeit für den Erwerb von Verkaufsoptionen (Spekulation auf fallende Kurse) noch höhere Prämien (Aufgelder) als im März 2020 (Corona-Krise). Das Volumen auf verkaufte Aktien ist das höchste seit 22 Jahren.

In der Vergangenheit (den Krisenjahren 2002 und 2008) führte ein solches Anlegerverhalten zu einem durchschnittlichen Kursgewinn von 30 % für die nächsten 12 Monate. Aus heutiger Sicht eine unvorstellbare Kursprognose für Juni 2023. Welche positiven Aspekte gibt es, die einen Kursgewinn (unabhängig von seiner Höhe) versprechen? Den mit Abstand wichtigsten lieferte FED-Chef Powell in seinem Statement von dieser Woche: Er erwartet eine Reduktion der Inflationsrate und dass die US-Wirtschaft nicht in eine Rezession schlittern wird. In der Vergangenheit war dieses Unterfangen nur recht schwierig zu erreichen.

Sollte Powell recht behalten, dann kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die Kurse im nächsten Jahr deutlich höher stehen werden als heute. Unterstützung könnte von den zuletzt teilweise stark gefallenen Rohstoffpreisen kommen. Dazu passt, dass die erwartete Inflationsrate in den USA für die nächsten 5 Jahre um 1 % Punkt auf 2,76 % gefallen ist. Die Akteure am Rentenmarkt sind also zuversichtlich, dass die Notenbank die Inflation in den Griff bekommen wird. Die aktuelle Bewertung beim S&P 500 Index liegt mit einem KGV von 15,3 bereits unter dem 10-jährigen Durchschnitt von 16,9. Von daher könnte die kleine Schar der Optimisten recht behalten, die jetzt einsteigen, in der Erwartung auf zukünftig steigende Kurse.

Erfolgsfaktor für den Investor

Warren Buffetts Motto

„Sei ängstlich, wenn andere gierig sind und gierig, wenn andere ängstlich sind“ – dieser Spruch von Warren Buffett könnte heute vielleicht aktueller denn je sein. Mit dieser Anlagephilosophie können langfristig überdurchschnittliche Erträge generiert werden. Dabei gilt, dass eine positive fundamentale Bewertung der Aktie absolute Voraussetzung für ein Investment ist. Nur auf dieser Basis kann das o. g. Motto greifen. Auch sollte jedem Investor klar sein, dass bei dieser Strategie die Tiefstkurse i.d.R. nicht erwischt werden.

Umgemünzt auf die aktuelle Situation erwarte ich, dass Titel wie Alphabet, Alibaba und Zebra für die kommenden Jahre über ein überdurchschnittliches Kurspotenzial verfügen sollten. Grund dafür: sehr günstige Bewertungen mit KGVs zwischen 15 – 20 auf dem derzeitigem Kursniveau für die Gewinne in diesem Jahr. Sollten die Gewinnschätzungen für 2023 zutreffend sein, dann würden die drei genannten Werte zwischen 13 – 17 KGV bepreist. Alle Titel haben gemein, dass sie deutlich unter ihren Höchstkursen notieren. Hier könnte der Teilsatz: Sei gierig, wenn andere ängstlich sind, durchaus zutreffen.

Ihr
Andreas Schmidt

Rechtliche Hinweise

Alle Seiten und Dokumente dieser Präsentation stellen weder ein Angebot noch eine Aufforderung zu einem Angebot zum Kauf oder Verkauf irgendeines Wertpapiers oder Vermögenswertes (Aktien, Optionsscheine, Futures, Fonds, Zertifikate, Rentenpapiere, Währungen, Rohstoffe, Immobilien, etc.) dar. Alle Seiten und Dokumente dieser Präsentation stellen auch kein Angebot oder eine Aufforderung zu einem Angebot zum Abschluss eines Vertrages über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten (im Sinne von § 2 Absatz 5 des WpIG) oder deren Nachweis (Anlagevermittlung), über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung), über die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung, Vermögensverwaltung, Fondsmanagement etc.) sowie ferner über die Finanzanalyse, die Anlageberatung, das Vermögenscontrolling und über die Beratung von Kunden in wirtschaftlichen Fragen und Fragen der strategischen Vermögensaufstellung dar. Gleichfalls beinhalten diese Seiten und Dokumente keine Empfehlung an Sie, solche Geschäfte und Verträge abzuschließen oder Positionen in Wertpapieren und sonstigen Finanzinstrumenten zu kaufen, zu veräußern oder zu halten. Die Informationen dieser Präsentation ersetzen niemals die persönliche Beratung seitens Ihres Anlage- oder Steuerberaters. Soweit Sie mit uns keine anders lautende ausdrückliche schriftliche Vereinbarung haben, sind wir nicht als Ihr Finanzberater, Analyst, Finanzportfolioverwalter oder Treuhänder im Hinblick auf die in dieser Präsentation beschriebenen Geschäftsarten und Analysen tätig. Jedes Investment in Wertpapiere, Finanzinstrumente und Vermögenswerte gleich welcher Art ist mit Risiken behaftet. Eine Investitionsentscheidung darf nicht auf der Grundlage dieser Seiten und Dokumente erfolgen. Der Herausgeber ist nicht verantwortlich für Konsequenzen, speziell für Verluste oder entgangene Gewinne, die durch die Verwendung der auf diesen Seiten und Dokumenten enthaltenen Daten, Ansichten und Rückschlüsse folgen bzw. folgen können. Dies gilt für die vertragliche und quasi-vertragliche als auch für die deliktische Haftung. Zurückliegende Wert-, Preis- oder Kursentwicklungen geben keine Anhaltspunkte für die zukünftige Entwicklung eines Investments. Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für einen bestimmten Anlageerfolg oder eine bestimmte Wertentwicklung, für entgangene Gewinne oder für steuerliche Folgen von Anlagestrategien und / oder einzelner Finanzinstrumente. Insbesondere übernimmt er auch keine Haftung für Verluste aus allgemeinen und den mit Anlagen verbundenen spezifischen Risiken.