Der Fonds ist jetzt ein Jahr alt geworden. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Hätte man mir bei Auflage des Fonds die Frage gestellt, ob ich mir vorstellen könnte, am 30. Juni 2020 um 8 % über der Wertentwicklung des iShares ETF auf den MSCI World Index zu liegen, hätte ich dies für sehr unwahrscheinlich gehalten. Zwar liegt die Jahresperformance des Fonds mit ca. 10 % (je nach Anteilsklasse) deutlich über der des passiven Investments von 2 %, aber dennoch bin ich natürlich nicht ganz zufrieden, denn der Juni war ein „teurer“ Monat. Die Wirecard Aktie kostete gut 3 % an Performance.

Wie sehen Sie den Fall Wirecard?

Ich bin offen gestanden sprachlos, mit welcher kriminellen Energie hier bei Wirecard vorgegangen wurde. Nicht nur, dass man € 1,9 Mrd. Kasse auswies, ohne diese zu besitzen. Auch scheint es so, dass alle Jahresabschlüsse seit 2014 manipuliert worden sind. Dazu passt, dass Bankmitarbeiter und Beamte in Asien bestochen wurden.

Wie einer der vier großen Wirtschaftsprüfer weltweit (EY, ehemals Ernst & Young) dieses Vorgehen in all den Jahren nicht bemerkt haben soll, ist mir schleierhaft. Auch KPMG hat aus meiner Sicht die Tragweite des Betrugs nicht erkannt. Nach ihrem Sonderprüfungsbericht notierte die Aktie noch um die € 100. Darüber hinaus haben sowohl die BaFin als auch die Bilanzpolizei DPR Ihre Hausaufgaben bei Wirecard nicht gemacht.

Die Kritik, die zuletzt die aktiven Fondsmanager im Zusammenhang mit Wirecard erfahren mussten, ist meines Erachtens überzogen. Bitte bedenken Sie, dass viele ETFs (abhängig vom Index) ebenfalls in Wirecard investiert waren.

Wird der Finanzplatz Deutschland unter dem Fall Wirecard nachhaltig leiden?

Wenn wir die notwendigen Hausaufgaben u.a. bei der BaFin (mehr Zugriffsrechte, mehr Personal, zeitlich wechselnde WP-Mandate u.a.) erledigen, dann nicht! Kriminelle Fälle in der Vergangenheit wie Enron und Worldcom haben jedenfalls der Wallstreet nicht dauerhaft geschadet.

Welche Aktien waren besonders für die positive Wertentwicklung seit Auflage des Fonds verantwortlich?

Unantastbar vorne liegt der Technologiekonzern Nvidia mit einem Kursanstieg von 131 % seit dem 1. Juli des vergangenen Jahres. Nvidia ist hauptsächlich als Grafiktreiberhersteller bekannt. Neben dem stark wachsenden Segment Gaming ist das Unternehmen aber auch in der Medizintechnik und dem Automobilbau tätig. Überall da wo es um Monitore und „Sehhilfen“ geht, ist oft Nvida mit im Spiel. Das Unternehmen hat mittlerweile eine Marktkapitalisierung von US $ 242 Mrd.

Apple, der Konzern aus Cupertino (Silicon Valley) landet auf Platz 2. Die Aktie verbesserte sich im Berichtszeitraum von $ 199 auf $ 365. Die Börsenkapitalisierung liegt aktuell bei über $ 1600 Mrd.! Obwohl viele Analysten und Investoren schon ein Ende des iPhones vorhergesagt haben, strotzt Apple nur so vor Kraft. Wussten Sie, dass die Apple Watch mittlerweile die meist verkaufte Uhr weltweit ist? Das Management schafft es, den „Tanker“ erfolgreich zu einem Dienstleistungsunter-nehmen zu drehen.

Welches Unternehmen im Portfolio lief nicht so gut?

Nicht erwartet habe ich die Performance von JP Morgan (-29 %). Eine Bank, die von CEO Dimon hervorragend geführt wird, die jeweils über $ 30 Mrd. Gewinne in 2018 und 2019 erzielt hat und jährlich $ 4 Mrd. in die IT investiert, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein Unternehmen, das im Vergleich zu deutschen Banken traumhafte Renditen erwirtschaftet. Die Cost-Income-Ratio liegt seit Jahren unter 60 %, bei den deutschen Instituten fast bei 100 %. Dennoch leidet JP Morgan unter der Corona-Krise, da es zu vermehrten Kreditausfällen in der Wirtschaft kommen wird. Auch die flachere Zinskurve in den USA könnte das Ergebnis zukünftig belasten. Ein derzeitiges KGV von 14 erscheint mir dennoch günstig, zumal die Dividendenrendite bei fast 4 % liegt.

Wie ist Ihr Ausblick für das nächste Jahr?

Die jetzige Erholung an den Aktienmärkten nimmt bereits viel positive Entwicklung in 2021 vorweg. Damit meine ich, dass sich die Wirtschaft voraussichtlich weiter, wenn auch nicht spektakulär, erholen wird. Insbesondere, wenn im kommenden Jahr hoffentlich ein Impfstoff zur Verfügung steht. Dies alles ist in den aktuellen Kursen mehr oder weniger eingepreist. Was könnte noch oben drauf gepackt werden an Kursfantasie? Die Rentenanlagen als Alternative zu Aktien könnten wegfallen und dazu führen, dass die Anleger wieder verstärkt in Dividendenpapieren investieren. Dies könnte abermals zu einem zufriedenstellenden Ergebnis für Aktienanleger führen. Was ist aber, wenn dieser positive Fall nicht eintreten sollte? Dann sind Kursrückschläge nicht ausgeschlossen. Auch die derzeit teilweise hohe Aktienbewertung, die deutlich über dem langjährigen Durchschnitt liegt, eine Gefahr dar.

Aber die Lehre aus der Corona-Krise ist, dass das Taktieren an der Börse selten zum Erfolg führt. Wer hätte gedacht, dass sich die Börsen ab März so stark erholen werden und manche Indizes inzwischen neue historische Höchststände erzielt haben.

Ich bin von der Qualität der Aktien im Portfolio überzeugt und gehe davon aus, dass die sorgsam ausgewählten Titel gut auch durch nächsten Sturm kommen werden – vermutlich sogar erstarkt.

Andreas Schmidt