Hat der Ausgang der Bundestagswahl Auswirkungen auf unsere Börse?

Für die Aktionäre ist der „Worst Case“ nicht eingetreten: Ein rot-rot-grünes Bündnis! Von daher reagiert die deutsche Börse erleichtert auf den Wahlausgang. Mit beiden möglichen Koalitionen, egal ob es die „Ampel“ oder „Jamaika“ wird, können die Aktionäre von deutschen Unternehmen leben. Ein Dreierbündnis aus „Schwarz-Grün-Gelb“ würde von den Börsianern mehr bevorzugt werden, da hier die Konzerne vermutlich finanziell weniger belastet würden. Fazit: Wahlausgang wird mit Erleichterung aufgenommen!

Trotz Klimakrise und Wahlkampfthema Klimapolitik litten zuletzt die Aktien aus dem Bereich Erneuerbare Energien. Ist da nicht ein Widerspruch erkennbar?

Im ersten Moment sieht das so aus. Trotz Anstiegs der Naturkatastrophen und Erderwärmung haben die Aktien aus dem Bereich Renewables den Rückwärtsgang eingelegt. Auffallend ist die seit Juli teilweise negative Korrelation zwischen Ölpreis und Performance der Erneuerbaren. Steigt der Ölpreis, fallen Solarwerte und umgekehrt. Verantwortlich für die Entwicklung ist vor allem der Mittelzu- und -abfluss bei den ETFs, die in Neue Energien investieren. So beträgt der Anteil der passiven Fonds (ETFs) bei Enphase Energy derzeit über 17 %. Investoren nutzen besonders Spezial-ETFs wie bei den Renewables zum Traden und weniger zum Investieren. Die Folge ist, dass solche Titel eine höhere Volatilität ausweisen. Fundamental verständlich: Je weiter der Ölpreis steigt, desto höher die Gewinne der Öl-Multis. Belastet wird die Performance dann noch durch Meldungen wie den aktuellen Hamsterkäufen von Benzin in UK.

Langfristig bin ich der festen Auffassung, dass wir an einer sauberen Umwelt und damit dem Ausbau von erneuerbaren Energien nicht vorbeikommen. Allein das Gletscherschmelzen in der Arktis (seit 1979 sechsmal so groß wie die Fläche Deutschlands) und der jährliche Anstieg des Meeresspiegels um 3,1 mm zeigt die Zerstörung der Erde mit all den vorgenannten negativen Auswirkungen auf unseren Alltag. Um unsere (weltweiten) Klimaziele zu erreichen, muss aber massiv in den Bereich Erneuerbare Energien investiert werden. Ich erwarte mir von der UN-Klimakonferenz im November in Glasgow einen Ruck für die notwendigen Investitionen der kommenden Jahre. Auch gehe ich davon aus, dass in Deutschland nach dem Wahlausgang zumindest Solar-Investments stärker gefördert werden.

Berichte über nachlassende Windgeschwindigkeiten, die sich negativ auf Windkraftanlagen auswirken, waren im Sommer zwar korrekt. Jedoch hat seit 2010 der Wind in seinem Speed, wie eine Grafik in der Financial Times zeigt, „gedreht“.

Begünstigt wird die Windkraft durch den weiteren Ausbau mit den schwimmenden Windkraftanlagen auf hoher See, da hier der Wind deutlich kräftiger bläst. Auch neue Technologien wie größere Rotorblätter sollten für bessere Effizienz sorgen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die langfristige Strategie des Fonds gerade bei dem nachhaltigen Thema Erneuerbare Energien erfolgreich sein wird. So gewann „unser“ Solarglas-Hersteller Xinyi Solar in den letzten sieben Jahren 671 % (inkl. Dividende) hinzu, während der europäische Öl-ETF lediglich 8 % (inkl. Dividende) zulegen konnte.

China hält die Börsen weiter in seinem Bann. Wie sehen Sie die Situation um Evergrande in China? Haben wir hier ein Fall „Lehman 2“?

In der Tat haben Investoren in chinesischen Aktien derzeit mit zwei Herausforderungen zu kämpfen. Zum einen die Regulierung (siehe letzter Fondsletter) und zum anderen eine mögliche Insolvenz von Evergrande. Der Immobilienentwickler ist mit über US $ 300 Mrd. (0,6 % der Gesamtverschuldung in China) verschuldet und verfügt derzeit nicht über die Liquidität, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Ob China Evergrande beistehen wird, halte ich für offen. Zum einen möchte die Führung in Peking Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, die selbst verschuldet in schwierige Lagen gekommen sind. Zum anderen könnte eine unkontrollierte Insolvenz den Immobiliensektor in Unordnung bringen. Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Ob daraus ein zweiter Fall Lehman werden könnte, bezweifeln selbst die Analysten von S&P aus den USA. Evergrande ist hauptsächlich ein China-Ereignis, im Gegensatz zu Lehman. Wir sind mit dem Fonds nicht in Evergrande engagiert! Unsere Philosophie ist es, in Unternehmen zu investieren, die wenig oder keine Schulden haben.

Dennoch belastet die Unsicherheit die Entwicklung im Allgemeinen an der Börse in Hongkong und damit unsere Fondsperformance. Wir sind mit ca. 10 % in diesem Markt investiert. Hier noch eine Zahl, die belegt, wie stark HK-Aktien unterbewertet sind: Der Diskont einer dual-gelisteten Aktie (also gleiches Unternehmen) in Festland-China und Hongkong beträgt derzeit 33 %!

Eine Umfrage der amerikanischen Handelskammer in China von letzter Woche: Amerikanische Unternehmen in China sind in Bezug auf die Geschäftsaussichten im Land optimistischer als jemals zuvor seit 2018.

Eine erfreuliche Nachricht zum Schluss: Alle Anteilsklassen des Fonds haben im lfd. Jahr bis Ende August mehr als 20 % gewonnen.

Ihr
Andreas Schmidt